Utopie eines gemeinsamen Arbeitsortes

© Universität Bern. Bild: Daniel Rihs

Margreth Keiler

Unit-Leiterin der Gruppe Geomorphologie, Naturgefahren- und Risikoforschung

PD Dr. Margreth Keiler arbeitet seit 2011 als Unit-Leiterin der Gruppe Geomorphologie, Naturgefahren- und Risikoforschung am Geographischen Institut der Universität Bern (100%). Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen der Naturgefahrenprozesse, wie Massenbewegungen und Sedimenttransport, und umfassen Risiko- und Vulnerabilitätsanalysen, Risikomanagement, Mensch-Umweltbeziehungen und komplexe Systeme. Ihr Lebenspartner arbeitet im gleichen Fachgebiet an einer Universität in Österreich.

 

Inwiefern ist Ihre Karriere nicht „klassisch“ verlaufen?

Nach dem Doktorat hatte ich keine klassische Postdoc-Phase mit Forschungsaufenthalten an verschiedenen Universitäten, sondern wechselte direkt für eine Assistenzprofessur an die Universität Wien. Einige Jahre später war ich im Rahmen einer Fulbright-Professur in den USA. Nach der Diplomarbeit arbeitete ich zudem einige Monate in der Privatwirtschaft. Davon abgesehen, würde ich sagen, dass mein Karriereweg bisher klassisch verlaufen ist. Derzeit ist meine Position als Unit-Leiterin mit einer Anstellung als Dozentin am Geographischen Institut etwas ungewöhnlich.

Mit welchen Hürden waren und sind Sie konfrontiert? Wie haben Sie diese überwunden?

Bei einem Wechsel an eine neue Universität und dem Wunsch, eine eigene Forschungsgruppe aufzubauen, sind die ersten drei Jahre schwierig. Das System Universität funktioniert überall anders, es bedarf einer Einarbeitung und das neue System will kennengelernt werden. Gleichzeitig wird gefordert, viel Lehre vorzubereiten, zu publizieren und Projekte zu akquirieren und abzuwickeln. Dies sind sehr vielfältige Aufgaben und die eigene Forschung kommt teilweise leider zu kurz. In dieser Zeit haben mir sicher die informellen Gespräche mit Kolleginnen geholfen. Eine weitere Herausforderung ist die Fernbeziehung mit meinem Lebenspartner. Da er im gleichen Forschungsgebiet arbeitet, stehen wir in direkter Konkurrenz und es wäre utopisch zu denken, dass wir eine Stelle am gleichen Ort erhalten würden. Mit dem Hin- und Herreisen wechseln wir uns ab und dank einer langfristigen Planung klappt das relativ gut.

Was sind für Sie die Vorteile Ihres Arbeitsmodells?

Ich bin froh um die Flexibilität, welche mir die Arbeit an der Universität bietet. Die Möglichkeit, einen Teil der Arbeit auch ausserhalb des Büros zu verrichten, ermöglicht es mir und meinem Partner, dass wir uns zum Beispiel auch wochenweise treffen können.

Was würden Sie sich an der Universität Bern wünschen?

Angebote, welche Neuankömmlinge in Führungspositionen unterstützen, wären wünschenswert. Es gibt zwar das Welcome Center der Universität, aber ich hätte mir zu Beginn mehr Informationen zu Struktur und Abläufen gewünscht. Vor allem was den administrativen Aufbau der Universität, der Fakultät und des Instituts angeht. Zu Beginn versuchst du dich zu organisieren, und du machst einige Fehler, weil das System ‚Universität Bern‘ noch fremd ist. Es wäre fein, wenn man eine Ansprechperson hätte, mit der man die Sachen diskutieren könnte. Das muss aber eine Vertrauensperson sein und jemand, den man idealerweise schon kennt. Auf universitätsübergreifender Ebene könnte man sich zum Beispiel gegenseitig unterstützen, um Stellen gemeinsam zu finanzieren, wenn die Mittel für eine Dual-Career-Stelle an einer Universität nicht vorhanden sind. Diese Massnahme kenne ich aus den USA.

Welche Tipps geben Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs in Bezug auf eine wissenschaftliche Karriere?

Man muss sich klar sein, was einem wichtig ist und wo man beruflich hin will. Ich erinnere mich an ein Video eines Wissenschaftlers, der aufgrund einer Erkrankung wusste, dass er nicht mehr lange leben würde. Er hat in seiner Abschlussvorlesung gesagt, er danke all jenen, die ihm auch Hindernisse in den Weg gestellt haben. Wenn er den Weg wirklich gehen wollte, dann habe er das Hindernis überwunden oder aber eine andere Richtung eingeschlagen. Man kann Hindernisse als persönliche Entscheidungshilfe betrachten. Wenn man mit Herausforderungen konfrontiert ist, dann sollte man sich ihnen stellen, wenn man ein bestimmtes Ziel verfolgt. Zudem empfehle ich jeder/m unbedingt Einblicke in andere Universitäten. Sie führen zu neuen Kontakten und einem guten Netzwerk – beides sehr wichtige Faktoren für die wissenschaftliche Karriere.

Wie verbringen Sie Ihre Zeit?

Prozentual Stunden pro Tätigkeit in einer durchschnittlichen Woche:

Zeitdiagramm von M. Keiler, Universität Bern
© Christa Heinzer