Chancen durch Jobsharing

Bettina Nyffenegger, Assistenzprofessorin am Institut für Marketing und Unternehmensführung an der Universität Bern
© Universität Bern. Bild: Daniel Rihs

Bettina Nyffenegger

Assistenzprofessorin am Institut für Marketing und Unternehmensführung

Prof. Dr. Bettina Nyffenegger ist Assistenzprofessorin im Jobsharing am Institut für Marketing und Unternehmensführung, Abteilung Marketing (60%); zusätzliche Beratungs- und Verwaltungsratstätigkeiten. Sie ist verheiratet mit einem stv. Chefapotheker FPH Spitalpharmazie, der 80% arbeitet. Sie haben zwei Kinder (1- und 4-jährig).

 

Was gefällt Ihnen speziell an Ihrem Job?  

Als Professorin hat man im Grunde nicht nur einen Job, sondern gleich deren drei. So ist man Lehrperson, Forscherin und beispielsweise im Rahmen von Drittmittelprojekten auch Unternehmensberaterin. Das macht die Arbeit für mich so vielfältig und spannend. Ich schätze auch die hohe Flexibilität und Selbstbestimmtheit – sei das die individuelle Verteilung der Arbeitszeit oder, als besonderes Privileg, die Freiheit zu bestimmen, mit welchen Themen man sich beschäftigen will.

Würden Sie Ihren akademischen Werdegang als „klassisch“ bezeichnen?

Studium, Hilfsassistenz, Doktorat, Postdoc, Assistenzprofessur. Wenn man das CV liest, sieht es eigentlich nach einem klassischen akademischen Werdegang aus. Zwei Dinge sind dabei etwas spezieller: Ich teile mir die Assistenzprofessur mit meiner Kollegin Lucia Malär in einem Jobsharing-Modell. Zudem habe ich parallel zum akademischen Werdegang auch immer den Bezug zur Marketingpraxis gesucht. Nicht zuletzt dank des Jobsharings hatte ich zum Beispiel die Chance, für ein Grosshandelsunternehmen im Zweiradbereich eine neue Fahrradmarke mitaufzubauen – ein Projekt, welches ich mit zwei Kindern zwar mittlerweile nicht mehr operativ, aber doch beratend weiter begleite.

Welche Herausforderungen bringt das Jobsharing-Modell mit sich? 

Als wir vor fünf Jahren mit unserem Vorschlag für ein Jobsharing kamen, waren wir noch Vorreiterinnen an der Uni Bern und es hätte nicht geklappt, wenn unser Vorgesetzter und die Unileitung uns nicht unterstützt hätten.

Vor dem Hintergrund, dass unsere Stelle befristet ist und unsere Leistung grösstenteils an der Zahl und Qualität der Publikationen gemessen wird, ist eine Herausforderung des Jobsharing-Modells sicher die geringere Zeit, welche uns einzeln für Forschung zur Verfügung steht. Gerade das Forschen im Team sowie mit Doktorierenden am Institut, das gegenseitige «Challengen» und Einbringen verschiedener Sichtweisen haben aber wohl dazu geführt, dass wir mit unseren Publikationen in den besten Marketing-Journals vertreten sind.

Was schätzen Sie besonders an diesem Modell?

Wissenschaft wird häufig als eine Berufung betrachtet – eine Aufgabe, der man sein ganzes Leben widmet. Das mag sein. Andererseits denke ich, dass meine Motivation und mein Engagement für die Forschung gerade auch auf dem Ausgleich beruht, den ich durch Familie und Praxistätigkeit habe.

Rückblickend auf die letzten Jahre hat mir das Jobsharing ermöglicht, Erfahrungen in der Privatwirtschaft zu sammeln, die meine Forschungsprojekte und Lehrveranstaltungen bereichert haben. Seit der Geburt meiner beiden Kinder weiss ich meine besondere Anstellung noch mehr zu schätzen. Mir ist es sehr wichtig, Zeit für die Familie zu haben – ohne dieses flexible Arbeitszeitmodell wäre das nicht möglich.

Welche Veränderungen würden Sie sich an Universitäten wünschen?

Ich denke, dass längerfristig eine Anpassung an das angelsächsische Modell mit flachen Hierarchien und flexiblen Departementstrukturen stattfinden wird. Insbesondere unbefristete Stellen für den oberen Mittelbau könnten dazu beitragen, die Sicherheit und Planbarkeit einer wissenschaftlichen Karriere zu erhöhen. Auch eine Förderung von flexiblen Arbeitszeitmodellen erachte ich als sinnvoll, wobei hier bereits ein Wandel stattfindet. So hat die Uni Bern mittlerweile zum Beispiel Richtlinien betreffend Jobsharing für Professuren verabschiedet.

Welche Tipps geben Sie NachwuchswissenschaftlerInnen in Bezug auf eine Karriere in ihrem Fach?

Eine wissenschaftliche Karriere setzt Ausdauer und Frustrationstoleranz voraus – schliesslich braucht es für neue Erkenntnisse und deren Veröffentlichung in wissenschaftlichen Journals Monate und Jahre und nicht selten ist man mit Rückschlägen konfrontiert. Beides wird einfacher, wenn man in ein Team eingebunden ist, sich austauschen und auch mal Ermutigung holen kann.

Als wissenschaftlicher Nachwuchs profitiert man insbesondere auch vom Austausch mit erfahreneren internationalen WissenschaftlerInnen. Da sind natürlich Promotionsbetreuende und deren Netzwerk sehr hilfreich. Eine weitere Möglichkeit zum Aufbau von Forschungskooperationen bieten internationale Konferenzen. Schon zu Beginn meiner Dissertation durfte ich Forschungsergebnisse an Konferenzen präsentieren. Das fand ich sehr spannend, weil die WissenschaftlerInnen, von denen ich bisher nur gelesen hatte, ein Gesicht erhielten. Zugleich hat sich dadurch auch mein Selbstbewusstsein gestärkt, diese Personen überhaupt zu kontaktieren.

Schliesslich muss man sich auch immer bewusst sein, dass es eine Welt neben der Uni gibt. Da eine wissenschaftliche Karriere mit viel Unsicherheit behaftet ist, lohnt es sich, Alternativen offen zu halten und auch ein Netzwerk ausserhalb der Uni zu pflegen.

Wie verbringen Sie Ihre Zeit?

Prozentual Stunden pro Tätigkeit in einer durchschnittlichen Woche:

Zeitdiagramm von B. Nyffenegger, Universität Bern
© Christa Heinzer