Von Australien nach Bern

Doppelporträt Daniela Rubatto & Jörg Hermann

© Universität Bern. Bild: Daniel Rihs

Daniela Rubatto

Assoziierte Professorin für Isotopengeologie

Prof. Dr. Daniela Rubatto arbeitet als Assoziierte Professorin (60%) für Isotopengeologie am Geologischen Institut der Universität Bern sowie als Expertin (20%) im Labor am Institut des sciences de la Terre der Universität Lausanne. Ihre Forschungsinteressen umfassen Isotopengeochemie, Geochronologie und metamorphe Petrologie.

© Universität Bern. Bild: Daniel Rihs

Jörg Hermann

Professor für Petrologie

Prof. Dr. Jörg Hermann leitet als Ordentlicher Professor (100%) die Gruppe für Petrologie am Geologischen Institut der Universität Bern. Seine Forschungsinteressen umfassen metamorphe, magmatische und experimentelle Petrologie, sowie Wasser- und Kohlenstoffzyklen in Subduktionszonen.

Daniela Rubatto und Jörg Hermann sind nach dem Abschluss ihres PhD an der ETH Zürich mit einem Nachwuchsstipendium des Nationalfonds nach Australien gezogen, wo sie siebzehn Jahre gelebt und zuletzt Professuren an der Australian National University (ANU) in Canberra innehatten. 2015 sind sie zusammen mit ihren Kindern (13 und 15 Jahre alt) in die Schweiz gezogen. Eines ihrer Kinder lebt mit einer Behinderung.

 

 

Wie vereinbaren Sie Arbeit und Familie?

Daniela Rubatto: Hier in Bern und in Lausanne finde ich alle wichtigen Instrumente, welche ich für meine Laboranalysen brauche. Zudem haben Jörg und ich einen ähnlichen Job und wir sind auf dem gleichen Niveau, das heisst wir können uns gegenseitig beraten. Dieses Gleichgewicht spiegelt sich auch bei uns zu Hause wieder. Wir teilen uns die Betreuung unserer Kinder zu gleichen Teilen auf.

Jörg Hermann: Beide sollen die gleichen Möglichkeiten und gleich viel Zeit für berufliche Reisen haben. Die Flexibilität an der Universität ist daher ein grosser Pluspunkt. Andererseits kann diese auch dazu führen, dass der Job alles absorbiert. Wir machen unsere Arbeit gerne und sehen die Zeit mit der Familie als wichtigen Ausgleich. Das gemeinsame Abendessen mit den Kindern haben wir eigentlich jeden Abend. Und wir schaffen es auch, einen Tag am Wochenende etwas gemeinsam als Familie zu unternehmen.

Mit welchen Hürden waren und sind Sie konfrontiert? Wie haben Sie diese überwunden?

DR: Es war schwierig, in Bern als Dual Career Couple eine Anstellung zu erhalten. In Australien haben wir beide auf Stufe Professur gearbeitet. Hier in der Schweiz hat Jörg mehr Unterstützung als ich, weil er die Gruppe leitet und ich als assoziierte Professorin nur zu 60% in Bern und zu 20% in Lausanne angestellt bin. Ich arbeite oft mehr, denn wenn ich Wissenschaft im Teilzeitmodus betreiben würde, wäre ich nicht kompetitiv genug. Was letztlich zählt, ist die Leistung.

JH: Um als Dual Career Couple eine Anstellung zu finden, braucht es zu einem gewissen Teil die Unterstützung der Universität, der Kolleginnen und Kollegen und der Familie. Bei der Anstellung mussten wir aushandeln und Kompromisse eingehen. Im Vergleich zu Australien finde ich es hier schwieriger, Familie und Beruf zu vereinbaren. Zum Beispiel fallen sowohl der Vorlesungsbeginn als auch die Abfahrt des Schulbusses der Kinder auf 08.15 Uhr.

DR: Ja, und in der Mittagszeit kommen die Kinder nach Hause. Es gäbe zwar den Mittagstisch, aber dafür sind sie schon fast zu alt. Wir schauen dann je nach Arbeitslast spontan, wer am Mittag Zeit hat. Die Koordination von Schul- und Universitätszeit ist eine Herausforderung. Zudem sind die Kinder im ersten Jahr hier in der Schweiz noch etwas mehr auf unsere Unterstützung angewiesen.

JH: Das gilt auch während den Schulferien der Kinder. Bis in die sechste Klasse funktioniert es relativ gut, aber die Zeit bis zur wirklichen Selbstständigkeit wird weniger gut durch Angebote abgedeckt. Im Allgemeinen kommt es sehr stark auf die tägliche Arbeitslast an, die bei uns bestimmt, wer wann arbeitet und wer wann zum Beispiel einkaufen geht. Einen Fahrplan, den wir einfach durchziehen, gibt es nicht.

Was sind für Sie die Vorteile Ihres besonderen Modells?

DR: Da wir uns die Betreuung unserer Kinder teilen, ist es am besten, wenn wir am selben Ort arbeiten, sonst hätten wir es beide im Job schwieriger. Und da wir oft zusammen arbeiten, bewegen wir uns auch zusammen. Wir teilen uns die Betreuung von Studierenden, was den Vorteil hat, dass unterschiedliche Ansätze aufeinandertreffen und es mehr Dynamik gibt. Der Wechsel von Australien nach Europa bedeutete für uns auch, in einen Raum zu kommen, wo wir viele wissenschaftliche KollaboratorInnen haben und wo unsere Familie und Freunde leben.

Welche strukturellen Veränderungen wünschen Sie sich an den Universitäten?

JH: Ich wünsche mir eine bessere Vereinbarung von Schul- und Universitätszeiten sowie Mittagstischangebote für ältere Kinder. Alle universitären Kernangebote wie Meetings oder Vorlesungen sollten zwischen neun und fünf Uhr gelegt werden.

DR: Zwar verstehen es die Kolleginnen und Kollegen, wenn man wegen der Kinder eine Sitzung früher verlassen muss, aber es ist immer noch eine unangenehme Situation und man verpasst etwas. Hinzu kommen die Schulferien, die manchmal mitten in die Vorlesungszeit fallen. An der Australian National University gab es zum Beispiel ein internes Ferienprogramm für die Kinder. Es würde mich positiv überraschen, wenn es das hier auch geben würde.

JH: In der Anstellungsstrategie der Universität Bern fehlt eine deutliche Vision, wie Dual Career Couples in die Universität integriert werden. Heutzutage gibt es immer mehr Doppelkarrierepaare und die Universität sollte auch die Vorteile von solchen Anstellungen sehen. Am Ende sind die Flexibilität und die Unterstützung aber limitiert. Mehr Informationen über Dual Career Optionen und finanzielle Mittel sind nötig, um dies anzugehen.

Haben Sie Ratschläge für den wissenschaftlichen Nachwuchs in Ihrem Fach?

DR: Wissenschaft und Universität bieten ein interessantes und stimulierendes Umfeld. Aber es ist kein «9-to-5-job» und verlangt viel Flexibilität und Engagement. Die Vereinbarkeit zwischen Familie und Wissenschaft ist gut möglich, braucht aber viel Kraft, Organisation und Teamwork. Für mich waren informelles Mentoring von Kolleginnen und Kollegen sowie Career Development Kurse als junge Wissenschaftlerin eine wichtige Hilfe, um die Arbeit zu vereinfachen und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das trägt ebenfalls zu einer besseren Work-Life-Balance bei. Ich bin stolz darauf, dass wir es so geschafft haben. Schliesslich arbeitet man ja für sich selber, man hat die Ambition...

JH: ...und die ist Teil der Motivation. Wichtig ist, dass man in einem Gebiet arbeitet, das einen interessiert und einem Spass bereitet. Ich sehe die Fähigkeit, in Teams zu arbeiten als sehr wichtig in der Wissenschaft. Man braucht aber auch einen wissenschaftlichen Ausweis, um Karriere machen zu können. Wir machen unsere Arbeit beide gerne, aber man muss auch aufpassen, dass man nicht zu sehr absorbiert wird. Schliesslich schlägt es sich auf die Produktivität nieder, wenn man keinen Ausgleich mehr hat.

 

Daniela Rubatto, wie verbringen Sie Ihre Zeit?

Prozentual Stunden pro Tätigkeit in einer durchschnittlichen Woche:

Zeitdiagramm von D. Rubatto, Universität Bern
© Christa Heinzer

Jörg Hermann, wie verbringen Sie Ihre Zeit?

Prozentual Stunden pro Tätigkeit in einer durchschnittlichen Woche:

Zeitdiagramm von J. Hermann, Universität Bern
© Christa Heinzer