Stolz Cappuccino trinken

Doppelporträt Susan Emmenegger & Axel Tschentscher

Susan Emmenegger, Professorin für Privatrecht und Bankrecht an der Universität Bern
© Universität Bern. Bild: Daniel Rihs

Susan Emmenegger

Professorin für Privatrecht und Bankrecht

Prof. Dr. Susan Emmenegger ist Ordentliche Professorin für Privatrecht und Bankrecht (100%). Sie ist Direktorin des Instituts für Bankrecht und Mit-Direktorin des Zivilistischen Seminars.

Axel Tschentscher, Professor für Staatsrecht, Rechtsphilosophie und Verfassungsgeschichte an der Universität Bern
© Universität Bern. Bild: Daniel Rihs

Axel Tschentscher

Professor für Staatsrecht, Rechtsphilosophie und Verfassungsgeschichte

Prof. Dr. Axel Tschentscher ist Ordentlicher Professor für Staatsrecht, Rechtsphilosophie und Verfassungsgeschichte (100%). Er ist Mitdirektor des Instituts für öffentliches Recht.

Das Paar hat sich an der Cornell University Law School (USA) kennengelernt und ist anschliessend rund zehn Jahre zwischen den USA, Deutschland und der Schweiz hin- und hergependelt. Sie waren in verschiedenen Ländern tätig und konnten sich teilweise Forschungsaufenthalte im gleichen Land organisieren. Als in Bern je eine Stelle für Privatrecht und eine für öffentliches Recht ausgeschrieben wurde, haben sie sich gleichzeitig beworben und beide haben je die Stelle erhalten. Sie haben zwei Kinder und wohnen in der Länggasse – die Nähe zur Universität erleichtert ihnen die Kinderbetreuung sehr.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit besonders?

Susan Emmenegger: Mir gefällt, dass ich mich in einem jungen und dynamischen Umfeld bewegen kann. Früher haben mich die Studierenden noch geduzt – diese Phase ist leider vorbei. Trotzdem: Die Jugend schützt vor der Verknöcherung! Inhaltlich gefällt mir an der Arbeit, dass ich mit meinem Team immer ans Limit gehen kann und wir uns konstant mit neuen Themen beschäftigen dürfen. Das ist ein riesiges Privileg.

Axel Tschentscher: Bei mir ist auch die unbeschränkte Themenfreiheit ein wichtiger Motivationsfaktor. Ursprünglich komme ich von der rechtswissenschaftlichen Diskurstheorie, mit dem Wechsel in die Schweiz ist dann die Verfassungsvergleichung immer wichtiger geworden und im letzten Forschungssemester die rechtswissenschaftliche Linguistik – also alle paar Jahre wieder etwas Neues. Sehr schön sind auch die vielfältigen Kontakte, einerseits mit den jungen Studierenden und Assistierenden und andererseits mit der weltweiten Scientific Community.

Welche Herausforderungen gab und gibt es und wie gehen Sie mit ihnen um? Wie wurden Sie unterstützt?

AT: Unterstützt wurde ich mehrfach durch Stipendien, vor allem für die Forschung in den USA, die mich letztlich in die Schweiz geführt hat. Unsere besondere Hürde war, dass wir aus verschiedenen Ländern stammten und eine akademische Karriere in der Rechtswissenschaft immer noch sehr national gebunden ist. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich einmal fast die Habilitation in Deutschland abgebrochen hätte, um das ständige Pendeln in die Schweiz zu beenden.

SE: Wir dachten lange, dass wir in die USA ziehen würden – sozusagen als «neutral ground» zwischen Deutschland und der Schweiz. Und dann wurden in Bern zwei passende Stellen ausgeschrieben. Wir wurden nicht als Paar, sondern als Einzelpersonen auf fachlich unterschiedliche Lehrstühle berufen. Souverän hat aber die Rechtswissenschaftliche Fakultät agiert, denn sie hat unsere Beziehung nicht als Hindernis für die jeweilige Berufung angesehen. Da wir in verschiedenen Departementen arbeiten, gibt es im Alltag nicht sehr viele Berührungspunkte. Die RW-Fakultät ist gross genug, dass man aneinander vorbeikommt. Bei fakultären Geschäften sind wir auch längst nicht immer gleicher Meinung. Das ist eigentlich kein Problem. Damit nicht die Kinderbetreuungspflicht über ein Geschäft entscheidet, sind wir einmal, als es bei einem umstrittenen Fakultätsgeschäft sehr spät wurde, gemeinsam aus der Sitzung und die Kinder abholen gegangen. Zu Hause sprechen wir selten über die Universität. Mit zwei schulpflichtigen Kindern bleibt dafür auch gar keine Zeit.

Was sind für Sie die Vorteile Ihres besonderen Modells?

SE: Es gibt viel gegenseitiges Verständnis für den Arbeitsaufwand, den eine Professur mit sich bringt. Gleichzeitig besteht ausserhalb der Vorlesungen viel Flexibilität. Wir lösen uns an den Wochenenden häufig ab, damit jede/r neben der Familienzeit auch an den eigenen Projekten arbeiten kann.

AT: Bei unserem Modell hat sich eine breit gefächerte Kinderbetreuung bewährt. So haben wir alle Tage abgedeckt, und gleichzeitig noch Ausweichmöglichkeiten im Krankheitsfall. Damit wir unsere Kinder trotzdem viel sehen, planen wir in jeder Woche mindestens zwei Tage, an denen wir uns zuhause zum Mittagessen treffen. Auch das gemeinsame Abendessen ist ein Fixpunkt, mit regelmässigen Open-End-Arbeitssessionen für eine/n von beiden.

SE: Auch Konferenzen und Auslandsaufenthalte sind bei uns keine Streitpunkte. Ursprünglich hatten wir uns vorgestellt, dass wir zu den Auslandskonferenzen die Kinder mitnehmen könnten. Das hat sich aber als Illusion erwiesen. Man verbringt besser die Zeit mit ihnen zu Hause. Zudem gibt es auch ab und zu Möglichkeiten zu gemeinsamen, fachübergreifenden Forschungsprojekten. Leider ist das seltener der Fall, als wir uns einmal vorgestellt hatten. Immerhin hat das während des ersten Sabbaticals geklappt.

Welche strukturellen Veränderungen wünschen Sie sich an den Universitäten?

AT: Wir haben über die Jahre an vielen Universitäten geforscht, insbesondere auch an US-Universitäten. Bei allen Unterschieden sind die Arbeitsbedingungen in Bern mindestens gleich gut. Manchmal holen wir uns am Nachmittag an der UniS einen Cappuccino und denken: Wow, hier dürfen wir arbeiten!

SE: Allerdings sprechen wir aus der Perspektive derjenigen, die es geschafft haben. In den USA kann man bei Berufungen die Dual Career Couples berücksichtigen. Wir hatten mit unserer Doppelberufung riesiges Glück, denn in den Strukturen ist so etwas nicht vorgesehen. Für die Universität Bern würde ich mir die Möglichkeit eines «Spousal Hiring» wünschen. Zudem sind Frauen auf der Stufe «Professur» immer noch unterrepräsentiert. Es ist wichtig, dass man hier nicht locker lässt.

AT: In der Nachwuchsförderung gefallen mir frühe Eigenverantwortung und flache Hierarchien. Diese Strukturen gibt es bei uns noch zu wenig. Die Dozenturen sind ein interessantes Modell, um in diese Richtung zu experimentieren.

Was raten Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs in Bezug auf eine wissenschaftliche Karriere?

Beide: Dran bleiben – es lohnt sich!

Susan Emmenegger, wie verbringen Sie Ihre Zeit?

Prozentual Stunden pro Tätigkeit in einer durchschnittlichen Woche:

Zeitdiagramm von S. Emmenegger, Universität Bern
© Christa Heinzer

Axel Tschentscher, wie verbringen Sie Ihre Zeit?

Prozentual Stunden pro Tätigkeit in einer durchschnittlichen Woche:

Zeitdiagramm von A. Tschentscher, Universität Bern
© Christa Heinzer