Lieber Gleitzeit als Dienstzeit

Nadine Ebert, Postdoktoradin am tiermedizinischen Institut für Virologie und Immunologie der Universität Bern
© Universität Bern. Bild: Daniel Rihs

Nadine Ebert

Postdoktoradin am tiermedizinischen Institut für Virologie und Immunologie

Dr. Nadine Ebert arbeitet seit November 2015 als Postdoc in einem SINERGIA-Projekt am Insti-tut für Virologie und Immunologie IVI an der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern (80% Teilzeitstelle). Sie ist Mutter zweier Kinder. Beim zweiten Kind erhielt sie Geld aus dem 120% Modell der Vetsuisse-Fakultät, um damit ihre Dissertation abzuschliessen.

 

„Wenn man Kinder hat, ist das Berufsleben insofern anders als dass man nicht nach der Arbeit noch rasch auf ein Feierabend-Bier geht oder ungehindert abends im Büro oder Labor bleibt. Ich habe die Verpflichtung, um 17 Uhr zu gehen, weil ich die Kinder abholen muss. Aber ich versuche morgens früh im Labor zu sein. Die Zeit ist also begrenzt. Das kann ein Vorteil sein, weil man fokussierter arbeitet und auch zielstrebig ist. Ich merke erst seit ich Kinder habe, was mir eigentlich wichtig ist im Leben. Die Prioritäten verschieben sich mit Kindern und mit dem Älterwerden: man ist effizienter, man ist präziser, man ist orientierter. Um Berufsleben und Kinderbetreuung zu vereinbaren muss man sehr gut organisiert sein.“

Was Nadine Ebert besonders gefällt an ihrer Arbeit ist das Zusammenarbeiten mit Leuten, die alle dieselbe Vision haben: Etwas herauszufinden, was man noch nicht weiss. Das macht Forschung aus; Wissen weiterzubringen indem Fragen aufgeworfen und Fragen beantwortet werden. Was ihr weiter gut gefällt, ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Als studierte Tierärztin weiss sie, was es heisst, als praktizierende Tierärztin zu arbeiten: Dienste mit Nachtschicht und Wochenenddienste. An der Uni hat sie keine Dienste, sondern Gleitzeit und kann bei unvorhergesehenen Problemen beispielsweise mit den Kindern auch mal früher nach Hause.

Nadine Eberts Laufbahn ist insofern nicht klassisch, als dass sie nach der Schule zuerst eine dreijährige Ausbildung zur Radiologieassistentin für Humanmedizin gemacht hat. Danach war sie zwei Jahre auf Reisen und hat unter anderem auch in Finnland gewohnt. Erst mit 24 Jahren hat sie das Veterinärmedizinstudium in München aufgenommen. Für ihre Doktorarbeit wollte sie nach Bern kommen, da sie den Standort von einem Praktikum in der Chirurgie in der Kleintierklinik kannte. Zum Abschluss der Dissertation fragte sie ihr Supervisor, ob sie nicht noch ein PhD machen wollte. Während der dreijährigen PhD-Phase hat Nadine zwei Kinder (jetzt zwei und vier Jahre alt) bekommen. Nadine Ebert und ihr Ehemann waren schon viel unterwegs und ihnen gefällt es hier in Bern sehr gut. Den Lebensmittelpunkt räumlich wechseln, möchten sie beide momentan nicht. Aber falls sie den Wunsch verspüren würden, wieder ins Ausland zu gehen, wäre das machbar.

Nadine Ebert erachtet ihre Karriere nicht als klassisch, weil sie während des PhDs Kinder bekommen hat. Doch seien Kinder kein Grund, eine wissenschaftliche Karriere aufzugeben. Man müsse die Kinder organisieren – und das ist zugegebenermassen nicht ganz einfach! In vielen anderen Gesellschaften in die Nadine hineingesehen hat, lassen sich Kinder und Beruf besser vereinbaren. Hier in der Schweiz ist vieles gut, aber nicht alles perfekt. Die Kinderbetreuung zum Beispiel sei verbesserungswürdig. Als PhD-Studentin mit Kind war Nadine in der Situation, dass sie 100% arbeiten musste, die Uni-Kita aber ausgelastet war und ihr Kind nur halbtags hätte betreuen können. Deshalb hat sie eine andere Lösung für die Betreuung gesucht. Die Kinder werden nun von einer Tagesmutter betreut.

Nadine Ebert konnte verschiedene unterstützende Massnahmen in Anspruch nehmen. Zum einen konnte sie vom 120%-Modell profitieren. Diese finanzielle Unterstützung ermöglichte ihr, die PhD-Zeit um drei Monate zu verlängern, um die Dissertation zu schreiben und die letzten Experimente durchzuführen und so die Mutterschutzzeit auszugleichen. Eine weitere unterstützende Massnahme war die Möglichkeit für Homeoffice, welche ihr Supervisor ihr zugestanden hat, um Schreib- und Protokollarbeiten von zu Hause aus zu erledigen.

Ihr Tipp an alle jungen Wissenschaftler_innen: Den richtigen Zeitpunkt für Kinder gibt es nicht – weder im Studium, noch im Doktorat, noch im PhD. Wenn man Familie möchte, dann soll man es einfach machen: es funktioniert! Die meisten Vorgesetzten haben heute Verständnis und wenn man engagiert und vor allem organisiert ist, dann wird man auch unterstützt. Kinder sind kein Grund, die Karriere abzubrechen!

Wie verbringen Sie Ihre Zeit?

Prozentual Stunden pro Tätigkeit in einer durchschnittlichen Woche:

Zeitdiagramm von N.Ebert, Universität Bern
© Christa Heinzer