Vom Elektroniker zum Assistenzprofessor

Edy Portmann, Assistenzprofessor für Informationswissenschaft an der Universität Bern
© Universität Bern. Bild: Daniel Rihs

Edy Portmann

Assistenzprofessor für Informationswissenschaft

Prof. Dr. Edy Portmann ist Assistenzprofessor und Förderprofessor der Schweizerischen Post am Institut für Wirtschaftsinformatik, Abteilung Information Management (100%). Er ist verheiratet mit einer Primarlehrerin in Teilzeitanstellung (40%; aktuell einjähriger Unterbruch) und hat drei Kinder (1 Jahr, 3-jährig und 6-jährig).

 

Was gefällt Ihnen besonders an Ihrer Arbeit? 

Mir gefällt, dass ich so viele Freiheiten habe und dass ich das erforschen kann, was ich möchte und was mich interessiert. Ich habe viele verschiedene Interessen und deshalb sind mir diese Freiheiten wichtig, damit ich auch verschiedene Disziplinen verbinden kann. Für mich ist meine Position sehr interessant, weil ich nicht nur akademisch forschen kann, sondern meine Ideen auch bei der Schweizerischen Post einbringen kann, womit ich potentiell das Leben tausender SchweizerInnen verändern kann.

Inwiefern ist Ihre Laufbahn vom «klassischen» akademischen Weg abgewichen?

Ich habe das Gymnasium angefangen, aber nicht abgeschlossen. Dann habe ich Fahrzeug-Elektriker-Elektroniker gelernt und die Berufsmatura gemacht. Ich habe dann an der Fachhochschule studiert, wo ich Theorie und Praxis zusammenbringen konnte. Danach habe ich mehrere Jahre in der Praxis gearbeitet unter anderem bei E&Y und PWC. Es zog mich dann wieder mehr in die Akademie und so habe ich daraufhin an der Universität Basel einen Master in BWL und VWL gemacht. Dort habe ich meine Masterarbeit im Bereich von Websuche und künstlicher Intelligenz geschrieben, worauf mich Andreas Meier, Professor für Computer Science an der Universität Fribourg, eingeladen hat, bei ihm zu promovieren. Ich weiss nicht, ob ich an einer klassischen Universität hätte doktorieren können, weil ich eben nicht den traditionellen Weg gewählt habe – viele ProfessorInnen haben dort Vorbehalte. Andreas Meier hatte einen starken Praxisbezug und gab denjenigen, die sich «von unten hochgekämpft hatten» eine Chance.

Mit welchen Hürden waren Sie konfrontiert und wie haben Sie diese überwunden?

Ich war und bin immer wieder mit Hürden konfrontiert. Ich habe aber gelernt, aus den Steinen, die mir in den Weg gelegt werden, Brücken zu bauen. Als ich von der Fachhochschule an die Universität wechselte, musste ich zusätzliche Leistungen in Form von ECTS-Punkten erbringen; dasselbe als ich von Basel nach Fribourg wechselte. Da habe ich Summer Schools gewählt, die mir angerechnet wurden, sodass ich zum Doktorat zugelassen wurde. Gleichzeitig konnte ich diese inhaltlich für meine Dissertation verwenden.

Das Zweite, was mir geholfen hat, Hürden zu überwinden, waren mentale Vorbilder. Bereits während meiner Dissertation hat mich Lotfi Zadeh, der Begründer der Fuzzylogik, an die University of California (UC) in Berkeley eingeladen. Mit ihm habe ich mich während meines Postdoktorates in seinem Team wöchentlich getroffen und er hat mir geholfen, mich zu entwickeln. Ich stehe heute noch in regem Kontakt mit ihm.

Was sind für Sie die Vorteile Ihres besonderen Werdegangs?

Der Hauptvorteil ist die Verbindung von Theorie und Praxis. Es kann vorkommen, dass AkademikerInnen und Praxisleute nicht dieselbe Sprache sprechen. Dank meinem Werdegang kann ich die unterschiedlichsten Leute verstehen. Dadurch habe ich nicht nur Kontakt zu AkademikerInnen, sondern auch zu halbstaatlichen und privaten Unternehmen. Diese unterstützen mich, finanzieren mich teilweise, und wir führen interessante, inspirierende Gespräche. Ein weiterer Vorteil ist, dass ich dank meinem grossen Netzwerk sehr viel gereist bin und sehr viele akademische Ansätze kennen gelernt habe, was nicht möglich gewesen wäre, wenn ich den klassischen Weg gewählt hätte.

Welche strukturellen Veränderungen wünschen Sie sich an den Universitäten?

Die Universitäten sollten vermehrt mit Fachhochschulen zusammenarbeiten und die Vorteile der verschiedenen Institutionen verbinden. Für die Universität Bern würde ich mir wünschen, dass sie sich etwas von der Tradition lösen würde. Unsere Universität ist sehr stark reglementiert. Jaron Lanier, der die virtuelle Realität stark mitprägte, unterrichtete als externer Fellow an der UC in Berkeley, obwohl er das Gymnasium abgebrochen und keinen Abschluss gemacht hatte. Dies ist möglich, weil die UC auch Pioniere honoriert, die mit ihren Ideen die Welt verändert haben. Für die Universität Bern würde ich mir wünschen, dass sie für gewisse Positionen ihren Kriterienkatalog erweitern würde.

Welche Ratschläge geben Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs?

Macht das, wofür euer Feuer brennt. Es ist egal, wenn es Hindernisse gibt – diese gilt es zu überwinden. Nutzt euer Netzwerk, nutzt die Kontakte zu den Leuten, die an euch glauben, die mit euch etwas weiterentwickeln wollen. Solche Menschen werdet ihr immer finden, und diese werden euch auch Türen öffnen. Probiert auch unkonventionelle Dinge aus. Natürlich erfordert es Mut, aus dem klassischen auszubrechen und den eigenen Weg zu gehen. Aber es lohnt sich, dieses Risiko einzugehen und dafür zu kämpfen.

 

Wie verbringen Sie Ihre Zeit?

Prozentual Stunden pro Tätigkeit in einer durchschnittlichen Woche:

Zeitdiagramm von E. Portmann, Universität Bern
© Christa Heinzer